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Pressemitteilung-Detail

FH Gebäude
24.05.2022

Nachschub aus dem Kanban-Supermarkt

Student entwirft innovatives Verfahren zur Materialbereitstellung bei Grohe

Iserlohn. Welche Auswirkungen eine Störung in der Logistikkette auf den Produktionsprozess haben kann, erfahren viele Unternehmen gerade leidvoll durch die Sperrung der Autobahnbrücke bei Lüdenscheid: An- und Auslieferungen verzögern sich, der Betrieb stockt, Kosten steigen. Ein reibungsloser Materialfluss ist aber auch innerbetrieblich von zentraler Bedeutung. Material, das umständlich transportiert wird oder lange herumsteht, trägt nichts zur Wertschöpfung bei. Wie das vermieden werden kann, hat Devin Gerdes in seiner Bachelor-Arbeit an einem konkreten Fall untersucht. Bei der Grohe AG in Hemer entwickelte der Student der Fertigungstechnik an der Fachhochschule Südwestfalen ein Konzept zur Optimierung des Material- und Informationsflusses in der Kartuschen-Montage. Prof. Dr. Klaus-Michael Mende bewertete die Arbeit, von der auch Grohe profitiert, mit „sehr gut“. Über seine Verbindung zum Märkischen Arbeitgeberverband konnte er damit erneut eine gelungene Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft.

Am Hemeraner Standort des Armaturen-Herstellers werden die Kartuschen gefertigt, die weltweit Herzstück jeder Grohe-Armatur sind. Mehr als 5 Millionen Stück verlassen das Werk im Jahr. Ihr Innenleben ist komplex. 96 Teile werden je nach Variante voll- oder halbautomatisch, teilweise noch in Handarbeit, verbaut. Das erfordert täglich eine Vielzahl an Bestell- und Kommissionier-Vorgängen sowie unterschiedlich große Gebinde und Materialstellflächen. Die Aufgabe von Gerdes war es, diese Logistikprozesse mit geeigneten Materialbereitstellungs-verfahren zu optimieren.

 

Solche Maßnahmen können sich für viele Unternehmen auszahlen, denn die Probleme sind oft die gleichen: Es ist nicht genau bekannt, wie viel Material im Umlauf ist. Die Nachbestellung an die Anlagen ist umständlich und zeitintensiv. Transportwege sind lang, Lagerflächen nicht immer eindeutig zugeordnet.

Devin Gerdes sammelte während eines Praxissemesters bei Grohe zunächst eine Fülle an Daten zu den Abläufen in der Montage und entwickelte anschließend in seiner Bachelor-Arbeit Konzepte für effizientere Vorgehensweisen. Er setzt dabei vor allem auf die Einführung eines elektronischen Kanban-Systems. Mit der ursprünglich in Japan entwickelten Kanban-Methode wird erreicht, dass nur die Materialien an der Anlage liegen, die tatsächlich gebraucht werden: Mit dem gefüllten Transportbehälter wird gleichzeitig eine Kanban-Karte geliefert. Ist das Gebinde leer, wird die Karte weitergegeben und so die Bereitstellung neuen Materials selbststeuernd ausgelöst. Eine vorab definierte Anzahl an Karten garantiert, dass in dem Kreislauf immer ausreichend Material zirkuliert.

Mit e-Kanban lässt sich dieser Ablauf elektronisch steuern. Mittels Laser-Scanner kann der Nachschubauftrag ausgelöst werden, etwa durch das Scannen eines Barcodes. Das verringert bei der Buchung Zeit und vermeidet Fehler. Der Materialbestand wird reduziert. Für die Fertigung kleinerer Kartuschen mit vielen Komponenten und verschiedenen Varianten empfiehlt Gerdes einen Kanban-Supermarkt. Dabei wird ein Regal an der Anlage von einer Seite mit den benötigten Behältern aufgefüllt. Der Maschinenbediener kann von der anderen Seite entnehmen, was er braucht.

 

Der administrative Bestellaufwand lasse sich mit dem Kanban-System, so Gerdes, auf drei Schichten verteilen. Dadurch könne eine Arbeitskraft eingespart und an anderer Stelle eingesetzt werden. Errechnet hat er ein Einsparpotenzial von rund 50.000 Euro im Jahr. Weitere positive Effekte lassen sich seiner Analyse nach durch eine Vereinheitlichung von Behältern und Transportmitteln, die Festlegung sinnvoller Stellplätze und somit kürzere Wege erzielen.

 

Diese Ergebnisse haben auch Hans-Jörg Brömstrup, Leiter der Endfertigung und Kartuschen-Montage bei Grohe, überzeugt. Er war beeindruckt vom analytischen Vorgehen des 25-Jährigen, der zudem selbst aktiv wurde und Stellflächen markierte. Das Konzept wird jetzt im Betrieb umgesetzt.