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FH-Storys

Eine Frau steht an einem Hafen mit dem Rücken zur Kamera gedreht. Auf ihrem T-Shirt steht:

Von der Seefahrerin zur Hafenmanagerin

FH-Absolventin Henriette Lehnert aus Bad Berleburg ist fasziniert von Schifffahrt und Hafengeschäft und leitet heute den Hafen Hamm

Hamm/Meschede. Viereinhalb Monate ist Henriette Lehnert aus Bad Berleburg zur See gefahren – dann wusste sie „Das ist nichts für mich“. Ihrem Traum von einem Beruf in der Schifffahrt ist sie dennoch treu geblieben. Nach einem Bachelor-Studium in Seeverkehrs- und Hafenwirtschaft in Elsfleth und einem Master in Wirtschaft an der Fachhochschule Südwestfalen leitet sie heute den Hafen Hamm.

Die Seefahrtsepisode gehörte als Praktikum zu einem Nautikstudium. „Meine Mutter kommt aus Norddeutschland und obwohl ich in Bad Berleburg geboren bin, hat es mich nach dem Abi zur See gezogen“, erzählt Lehnert. Während des Pflichtpraktikums auf See stellte sie schnell fest, dass ihr das Bordleben zu langweilig war. „Drei Wochen von Indien nach Brasilien mit Autopilot übers Meer, da war unser Kapitän wie eine bessere Sekretärin. Nur im Hafen war es immer total spannend.“ Auf diese Einsicht folgte der Studienabbruch in Nautik und die Einschreibung in das Studium der Seeverkehrs- und Hafenwirtschaft.

Eine Frau steht in neon-orangener Jacke an einem Hafen, links ist ein Schiff zu sehen, im Hintergrund eine Krananlage.

Mit Blick aufs Wasser: Eine Karriere zwischen Controlling und Containerkränen

Es folgte eine berufliche Station bei der Firma EJOT in Bad Berleburg im Bereich Strategie und Logistik sowie ein nebenberufliches Masterstudium. „Ich war noch sehr jung und wollte weiter studieren“, erklärt Lehnert, die sich in Meschede weitere Kenntnisse in Controlling und Logistik aneignete. Zum Hafen kam sie dann über ein Trainee-Programm und eine spätere Anstellung beim Logistikdienstleister Rhenus im Duisburger Hafen. Hier plante sie Terminals neu, baute ein integriertes Managementsystem auf, kümmerte sich um Prozessoptimierungen und Qualitätsmanagement.

2017 wechselte sie in eine Anstellung bei der Duisburger Hafen AG. „Häfen sind Verkehrsknotenpunkte. Fast alle Waren, mit denen wir im täglichen Leben zu tun haben, habe ich schon am Hafen gesehen“, erklärt Lehnert ihre Faszination für den Hafenbetrieb. „Außerdem mag ich es, am Wasser zu sein und genieße den Blick auf das Wasser und die Schiffe.“ So ist es auch in ihrem heutigen Büro im Hafen Hamm, zu dem sie nach einer Elternzeit aufgrund der Nähe zu ihrem heutigen Familien-Wohnsitz in Meschede-Berge gewechselt ist.

Mit Offenheit und Überblick: Lehnert navigiert die Männerwelt Hafen

Hamm ist ein Versorgerhafen, auf dessen Gelände verschiedene Unternehmen angesiedelt sind, zum Beispiel eine Rapsölmühle, für die der Raps per Schiff angeliefert wird. Eine Weizenmühle zerlegt im Hafen Weizen in verschiedene Bestandteile wie Proteine oder Stärke für die Industrie. Umgeschlagen werden Dünger und Futtermittel für die Agrarregion Soester Börde, aber auch Heizöl, Diesel und Benzin. „Das Hafengeschäft ist einfach total vielfältig“, meint Lehnert.

Und das nicht nur in puncto umgeschlagene Waren: Neben dem Management des Schiffsverkehrs gehört zum Aufgabenfeld des Hafenteams der Betrieb eigener Straßen und einer Hafenbahn mit mehreren Lokomotiven, die Verwaltung der Liegenschaften mit über 50 Erbbaurechten und Mietverträgen oder die Instandhaltung von Kaianlagen, Spundwänden und Kanalisationsnetz. Henriette Lehnert führt hierzu das 20-köpfige Hafenteam – mit Ausnahme einer studentischen Hilfskraft alles Männer. Kein Problem für Lehnert: „Hafenmitarbeiter sind irgendwie coole Leute, ein besonderer Schlag Menschen mit denen ich gerne zusammenarbeite.“ Ihr Tipp für Frauen zum Umgang mit dieser Männerwelt: „So sein wie man ist, sich nicht verstellen und vor allem nachfragen, wenn man etwas nicht versteht.“

Eine Frau im Führerhaus der Hafenbahn. Auf dem Führerhaus steht:
Ein Mann und eine Frau stehen vor dem Führerhaus der Hafenbahn.

Gehört unter anderem zum Aufgabenfeld des Hafenteams: der Betrieb der eigenen Hafenbahn.

Beruf und Familie im Einklang

Henriette Lehnert ist Mutter eines vierjährigen Sohnes, der Spagat zwischen Familie, Haushalt und Beruf fällt ihr nicht immer leicht. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt, weil die Stadtwerke Hamm ihr auch in leitender Position die Möglichkeit bieten, in Teilzeit zu arbeiten. „Ich freue mich, dass die Stadtwerke es mir ermöglichen, diesen Job zu machen, ohne Vollzeit zu arbeiten“, so Lehnert. „Letztlich profitieren davon beide Seiten.“ Aus ihrer Sicht ist das nicht selbstverständlich, viele Unternehmen müssten hier umdenken und ihren Mitarbeiterinnen mehr Flexibilität bieten: „Ich würde mir wünschen, dass das in Zukunft für Frauen einfacher wird.“